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DGB-Ausbildungsreport und azubi.report: Was Azubis 2024 bemängeln und Unternehmen verbessern können

Zufriedenheit, Qualität und Perspektiven: DGB-Ausbildungsreport bestätigt Erkenntnisse des azubi.reports 2024


Zufriedenheit, Qualität und Perspektiven: DGB-Ausbildungsreport bestätigt Erkenntnisse des azubi.reports 2024

Die Inhalte im Überblick

 

Die DGB-Jugend hat ihren neuen Ausbildungsreport vorgestellt. Das Spannende: Überall dort, wo Ausbildungsreport und azubi.report die gleichen Themen beleuchten, werden unsere Erkenntnisse weitestgehend bestätigt. Das gilt vor allem im Hinblick auf die Zufriedenheit der Auszubildenden, auf die Folgen mangelnder Information, Kommunikation und Ausbildungsqualität sowie auf die Risiken fehlender Perspektiven für Auszubildende im dritten Lehrjahr. 

Betrieblicher Ausbildungsplan: Anspruch und Wirklichkeit

Eigentlich ist der betriebliche Ausbildungsplan gesetzlich vorgeschrieben. Die Realität sieht jedoch anders aus. Nicht müssen Azubis während der Ausbildung auf eine feste Roadmap, klare Strukturen oder transparent dokumentierte Inhalte verzichten. Laut DGB-Ausbildungsreport durchlaufen 34,7 Prozent der Azubis ihre Lehrjahre ohne betrieblichen Ausbildungsplan.

Unternehmensseitig mag das plausible Gründe haben, etwa mangelnde Kapazitäten der Ausbildungsverantwortlichen. Dennoch bringen fehlende Ausbildungspläne gravierende Nachteile mit sich, denen sich Ausbildungsbetriebe bewusst sein sollten. Wer diese kennt, kann Kosten und Nutzen besser kalkulieren.

Betrieblicher Ausbildungsplan kann Recruiting-Erfolg verbessern

Der azubi.report 2024 zeigt: Ausbildungsinteressierte wünschen sich Klarheit und Perspektiven, wenn sie ihre Karriereoptionen prüfen und sich für einen Berufseinstieg entscheiden. Vor diesem Hintergrund kann dem Ausbildungsplan eine wichtige Doppelfunktion zukommen: als konzeptionelle Basis der täglichen Ausbildung im Betrieb einerseits – als wichtige Informationsquelle während der Berufsorientierung andererseits.

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Junge Talente besser verstehen, erreichen und begeistern! 

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Denn junge Talente haben Fragen, wenn sie ihre Zukunft planen. „Was erwartet mich in der Ausbildung?“ „Sind meine Stärken und Talente gefordert?“ „Reizen mich die Aufgaben, die auf mich zukommen – kann und will ich diese bewältigen?“ Ein Ausbildungsplan gibt Antworten und kann junge Talente auf diese Weise bereits vor dem Berufsstart von einer Ausbildung, einem Beruf oder einem Unternehmen überzeugen.

Dass ein Ausbildungsplan für angehende Azubis weit mehr ist als ein „nice to have“, hat die STARTKLAR Schülerstudie 2023 gezeigt. 59 Prozent aller Ausbildungsinteressierten würden einem Unternehmen im Bewerbungsprozess absagen, wenn es keinen konkreten Ausbildungsplan gibt.

Kein betrieblicher Ausbildungsplan? Für 59 Prozent der Schüler:innen ein Absagegrund.

Wir sehen: Transparente Ausbildungspläne können während der Berufsorientierung echte Überzeugungsarbeit leisten – eine zielgruppengerechte Aufbereitung und Bereitstellung auf relevanten Kanälen vorausgesetzt. Ein extrem positiver Effekt, der sich nicht nur auf das Azubi-Recruiting beschränkt.

Bessere Berufsorientierung für höhere Zufriedenheit

Denn darüber hinaus können Ausbildungspläne mittelbar – als Baustein einer umfassenden Berufsorientierung – dazu beitragen, das Risiko von Ausbildungsabbrüchen zu senken. Die Überlegung dahinter: Informierte Berufseinsteiger wissen besser (im Idealfall sogar genau), was auf sie zukommt. Bleiben wichtige Fragen im Vorfeld und beim Start ins Berufsleben unbeantwortet, drohen Unzufriedenheit, Frust – und im worst case die Auflösung des Ausbildungsvertrages. Ein Risiko für Unternehmen, das sich mit Zahlen belegen lässt.

29,5 Prozent aller Ausbildungsverträge werden vorzeitig gelöst (Stand 2022) – ein Drittel davon im ersten Lehrjahr, ein weiteres Drittel bereits währen der Probezeit.

Gezielte Aufklärungsarbeit könnte helfen, das zeigt der azubi.report 2024 mit Blick auf die Gründe dafür, warum Azubis während der Ausbildung zufrieden sind – oder eben nicht.

Was macht die Ausbildung für Azubis zur Traumausbildung und wie können Unternehmen profitieren? Der azubi.report 2024 liefert spannende Insights.

AdobeStock_107755118Vor und während der Ausbildung: Ein Ausbildungsplan schafft Orientierung und damit Zufriedenheit.

Zufriedenheit: zentrales Thema für Azubis

Apropos Zufriedenheit: Sie ist ein weiterer Punkt, bei dem der Ausbildungsreport des DGB und der azubi.report 2024 ähnliche Erkenntnissen zutage fördern. Der Ausbildungsreport zeigt: Generell ist die Zufriedenheit unter den Auszubildenden hoch. 2022 waren 73,3 Prozent der Auszubildenden mit ihrer Ausbildung „(sehr) zufrieden“ – ein historischer Höchststand. Mittlerweile liegt die Zahl mit 69,8 Prozent auf Vor-Corona-Niveau.

Zufriedenheit nimmt im Laufe der Ausbildung ab

Vollste Zufriedenheit also? Nein, eher ein „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“. Denn beide Studien zeichnen einen deutlichen Negativ-Trend: Die Zufriedenheit der Auszubildenden nimmt im Laufe der Ausbildung ab – und das durchaus drastisch. Laut Ausbildungsreport würden 65,7 Prozent der Befragten im ersten Lehrjahr die Ausbildung in ihrem Betrieb weiterempfehlen – im dritten und vierten Ausbildungsjahr fällt diese Zahl auf 47,3 Prozent.

Ausbildung, Beruf, Arbeitgeber: Auszubildende differenzieren

Der abnehmende Wille zur Weiterempfehlung über die Ausbildungsjahre hinweg macht deutlich, dass „Zufriedenheit“ ein Aspekt ist, der unbedingt differenziert betrachtet werden sollte. Und das nicht nur bei der Frage nach dem Wann, sondern auch bei der nach dem Womit.

image-png-Sep-02-2024-11-08-30-7037-AMSo zeigt der azubi.report 2024: Im Zuge des Berufseinstiegs müssen junge Talente wichtige Zukunftsfragen beantworten – und sich nicht nur einmal, sondern gleich dreimal entscheiden: für die betriebliche Ausbildung als Lernkonzept, für einen bestimmten Beruf und für ein bestimmtes Unternehmen. Dass junge Talente durchaus zwischen einer Ausbildung an sich, dem erlernten Beruf und dem Ausbildungsbetrieb unterscheiden, zeigen folgende Zahlen.

Im Hinblick auf die Wahl von Ausbildung und Beruf sind Auszubildende am zufriedensten. 60 Prozent der Befragten sind mit der Wahl ihres Berufs zufrieden (wobei auch hier die Zufriedenheit im ersten Ausbildungsjahr am höchsten ist), 61 Prozent würden ihre Ausbildung weiterempfehlen.

image-png-Sep-02-2024-11-12-21-0570-AMHier scheint Luft nach oben – allerdings schneiden die ausbildenden Unternehmen deutlich schlechter ab. Zufrieden mit der Ausbildung bei ihrem Arbeitgeber sind laut azubi.report 2024 nur 52 Prozent der befragten Azubis, den eigenen Arbeitgeber weiterempfehlen würde lediglich jede:r Zweite (51 Prozent) – 18 Prozent würden dies nicht tun.

 


Was macht Auszubildende besonders unzufrieden? Wie können Unternehmen gegensteuern, um Abbrüche zu verringern und die Retention zu verbessern? Der azubi.report 2024 gibt Antworten: Jetzt kostenlos herunterladen!

Arbeitgeber erfüllt Erwartungen an Ausbildung oft nicht

Auch hier zeigt sich: Ausbildende Unternehmen können den Wert einer umfassenden Berufsorientierung nicht hoch genug einordnen. Denn die Vorstellungen vom Beruf stehen in direkter Korrelation zu den Erwartungen an die Ausbildung im Betrieb. Diskrepanzen führen zu Enttäuschung, wie der azubi.report 2024 zeigt: Für 37 Prozent der Auszubildenden hat der Arbeitgeber die Erwartungen an eine Ausbildung nur zum Teil erfüllt – für 16 Prozent überhaupt nicht.

Waren es falsche Erwartungen, die Auszubildende rückblickend mit ihrem Beruf hadern ließen – hier wäre eine bessere Berufsorientierung ein Schlüssel –, sind die Gründe für enttäuschte Erwartungen im Hinblick auf den Ausbildungsbetrieb wesentlich substanzieller. Denn sie thematisieren die Qualität der Ausbildung und des ausbildenden Personals.

Azubis fordern – ohne das Fördern zu vergessen

Auszubildende, die in Sachen Ausbildung gänzlich von ihrem Arbeitgeber enttäuscht
sind, haben das Gefühl, wenig dazuzulernen (52 %), werden häufig mit ihren Aufgaben
allein gelassen (48 %), vermissen eine gleichberechtigte Behandlung (41 %) und fühlen
sich unter ständiger Beobachtung (41 %).

Warum hat dein Arbeitgeber deine Erwartungen an die Ausbildung nicht erfüllt?
(Mehrfachantworten möglich)



Eingefordert werden hier nicht mehr Freizeit, weniger Arbeit oder utopische Benefits. Vielmehr werden legitime Ansprüche an eine Ausbildung gestellt: Denn das Lernen, die Unterstützung sowie die fachgerechte Unterweisung sind wesentlich für eine erfolgsversprechende Ausbildung.

Ein Bild, das wachrütteln muss. Und das von den Zahlen des Ausbildungreports gestützt wird. Hier haben 10,9 Prozent der Auszubildenden angegeben, dass ihre Ausbilder:innen nur „selten“ oder „nie“ am Ausbildungsplatz verfügbar sind. 13,8 Prozent erklärten, dass sie Arbeitsvorgänge nur „selten“ oder „nie“ zufriedenstellend erklärt bekommen. Gleichzeitig, das zeigt der Report, sind Auszubildende erheblich zufriedener mit ihrer Ausbildung, wenn sie gut angeleitet werden.

Die Botschaft ist ebenso deutlich wie unternehmerisch herausfordernd: mehr Ressourcen für die Ausbildung vonseiten der Unternehmen!

Azubis Azubis sein lassen: dem (Aus-)Bildungsauftrag nachkommen

Ein weiteres Problem, dass beide Studien zutage fördern, ist das Verständnis davon, was Azubis leisten können – und was eben (noch) nicht. Im azubi.report beklagen 24 Prozent der Befragten, dass zu viel von ihnen verlangt wird. 27 Prozent der Befragten berichten, dass ihnen ihr Beruf zu anstrengend ist, 19 Prozent müssen mehr arbeiten als gedacht – für einen Lohn, den 38 Prozent für den Anspruch, den der Beruf an sie stellt, als nicht angemessen empfinden.

Bevor Ausbildungsbetriebe ihren Azubis nun mangelnde Belastbarkeit unterstellen, sollte selbstkritisch hinterfragt werden, ob das Lern-Arbeits-Verhältnis ausgewogen
ist. Denn auch wenn es an Fachkräften mangelt: Auszubildende sind kein unmittelbarer Ersatz für eine Fachkraft – sie sollten darauf vorbereitet werden, in Zukunft eine zu sein.

Dass Azubis anscheinend viel zu häufig auch als günstige Hilfskraft gesehen werden, legen Zahlen des Ausbildungsreports nahe. Insgesamt 15,3 Prozent der befragten Auszubildenden geben an, dass sie „immer“ oder „häufig“ ausbildungsfremde Tätigkeiten erledigen müssen, die nicht Bestandteil der Ausbildung sind und nicht dem Lernerfolg dienen. Seit 2022, so der Report, sei dieser Wert um 4,3 Prozent auf einen erneuten Höchststand angestiegen. Der Report bringt es auf den Punkt: Solche Tätigkeiten sind nach § 14 Berufsbildungsgesetz verboten.

Junge Auszubildende sitzt frustriert am Schreibtisch
Sorgen für erheblichen Frust: Ausbildungsfremde Tätigkeiten gehören für viele zum Ausbildungsalltag 

Klare Perspektiven für bessere Retention

Eine weitere wichtige Frage, die Unternehmen wie Azubis gleichermaßen beschäftigt, ist die nach dem Verbleib im Unternehmen. Unternehmen sprechen von „Retention“, Auszubildende von „Perspektiven“. Zwei Seiten einer Medaille – und beide werden als unbefriedigend wahrgenommen.

Unternehmen kämpfen mit hohen Abgängerquoten, 26 Prozent verlassen das Unternehmen nach Abschluss der Ausbildung (Stand 2021). Gleichzeitig beklagen Auszubildende, dass Gespräche über ihre Zukunft oft zu spät, unzureichend oder gar nicht geführt werden. Doch: Ohne Perspektiven kein Verbleib im Unternehmen!

Laut DGB-Ausbildungsreport weiß jede:r dritte Auszubildende (34,5 %) im letzten Ausbildungsjahr noch immer nicht, ob er oder sie vom Ausbildungsbetrieb übernommen wird. Ein trauriger Höhepunkt wurde 2022 erreicht: Hier waren es 45,3 Prozent der Azubis, mit denen nicht oder erst viel zu spät über ihre Perspektiven im Unternehmen gesprochen wurde.

Der azubi.report kam bereits Anfang Mai 2024 zu dem Ergebnis, dass 34 Prozent der Azubis kaum Informationen zu den Themen Zukunft und Übernahme erhält.

In Zeiten von Fachkräftemangel stimmen diese Zahlen ratlos.

Gleichzeitig bergen sie erhebliches Optimierungspotenzial im Hinblick auf die Bindung von Nachwuchskräften. Unternehmen sind gut beraten, Themen wie Zukunft, Perspektiven und Möglichkeiten so früh wie möglich zu platzieren: Schon in der Phase der Berufsorientierung sind diese Dinge von hoher, wenn nicht gar höchster Relevanz für potenzielle Azubis – und sie bleiben es für Auszubildende und zukünftige Fachkräfte.

Fazit: viel Optimierungspotenzial für besseres Recruiting, höhere Zufriedenheit und bessere Retention

Auch 2024 fördern DGB-Ausbildungsreport und azubi.report wichtige Einblicke zutage, die einerseits Missstände aufzeigen, Unternehmen andererseits so aber die Möglichkeit geben, das eigene Handeln vor diesem Hintergrund zu hinterfragen und zu verbessern.

Beide Reports machen deutlich, wie wichtig klare Strukturen und transparent kommunizierte Inhalte sind – ebenso wie Ausbilder:innen, die von ihren Unternehmen befähigt werden, ihren Ausbildungsauftrag zu erfüllen. Vor und während der Ausbildung sind umfassende Information, Wissensvermittlung und Kommunikation – besonders das Sprechen über Zukunft und Perspektiven gehört hierzu – der Schlüssel dazu, dass sich jungen Talente für eine Ausbildung entscheiden, diese zufrieden und erfolgreich meistern und nach Abschluss im Unternehmen bleiben.

Während der azubi.report 2024 vor allem die junge Zielgruppe in den Fokus rückt und der Frage nachgeht, was diese beschäftigt und wie Unternehmen davon im besten Sinn profitieren können, legt der Ausbildungsreport 2024 einen Schwerpunkt auf die Ausbilder:innen und die Ausbildungsmethoden. Das macht beide Reports zur Pflichtlektüre für Ausbildungsverantwortliche, Personaler:innen und interessierte HR-Menschen!

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