Zwischen Unterschrift und Ausbildungsbeginn kann viel passieren. Was Sie tun können, damit sich Ihre Azubis nicht doch spontan anders entscheiden.
Die duale Ausbildung erfreut sich seit einigen Jahren wieder wachsender Beliebtheit. Gerade für Ausbildungsbetriebe eine tolle Nachricht – wenn Ausbilder:innen und Personalverantwortliche die Eigenheiten ihrer Zielgruppe kennen und entsprechend darauf reagieren.
Große Offenheit für bessere Angebote – trotz Vertragsabschluss
Denn Fakt ist: Bindung zwischen Unternehmen und Azubis entsteht nicht automatisch durch die Unterschrift auf dem Ausbildungsvertrag. Rund 36 Prozent der Ausbildungssuchenden sind laut Schülerstudie 2023 auch nach einer Vertragsunterzeichnung offen für weitere Angebote. Eine Zusage ist für angehende Auszubildende also weniger verbindlich, als das Dokument es widerspiegelt. Was bedeutet das?
Viele Optionen – auch nach Vertragsunterzeichnung
Die jungen Erwachsenen befinden sich noch in der Findungsphase, auch wenn sie sich augenscheinlich für eine Ausbildung und ein Unternehmen entschieden haben.
Je länger der Zeitraum zwischen Vertragsunterzeichnung und tatsächlichem Ausbildungsbeginn, desto mehr Zeit bleibt: um die getroffene Entscheidung zu überdenken – und andere, neue Optionen und Perspektiven in Betracht zu ziehen.
Fragen, die sich junge Talente in dieser Zeit stellen: Passt der Beruf überhaupt zu mir? Ist der Ausbildungsbetrieb der richtige? Verstehe ich mich mit den Kollegen? Sind andere Angebote besser für mich? Soll ich wirklich jetzt schon ins Berufsleben einsteigen?
Doch die wichtigste Frage: Warum habe ich so lange nichts von meinem Ausbildungsbetrieb gehört?
Verunsicherung und Zweifeln entgegenwirken
Denn die lange Stille nach der Vertragsunterzeichnung kann gerade für Berufseinsteiger:innen zu Verunsicherung und Zweifeln führen. Das Risiko eines Absprungs steigt. Doch wenn Unternehmen Auszubildende oder dual Studierende, die bereits einen Vertrag unterschrieben haben, vor Ausbildungsbeginn verlieren, kostet das nicht nur Zeit sondern auch Geld. Das Problem: Der Ausbildungsplatz bleibt weiterhin unbesetzt.
Umso wichtiger: angehende Auszubildende direkt nach der Vertragsunterzeichnung mit an Bord zu holen, um eine Bindung ans Unternehmen herzustellen. Das Zauberwort: Preboarding.
Schon nach Vertragsabschluss Bindung aufbauen
Während das klassische Onboarding am Tag des Ausbildungseinstiegs startet, um Auszubildenden in den ersten Tagen oder Wochen den Start so einfach wie möglich zu machen, setzt das Preboarding direkt nach der Unterzeichnung des Ausbildungsvertrags an und macht angehende Auszubildende schon vor dem ersten Ausbildungstag zum Teil des Teams.
Dabei stehen Personaler:innen und Ausbildungsleiter:innen viele Möglichkeiten zur Verfügung, um Auszubildenden zu signalisieren, dass sie von nun an dazugehören.
Auszubildende ab Zusage binden: 7 Tipps für ein gelungenes Preboarding
1. Heißen Sie neue Auszubildende Willkommen
Eine freundliche E-Mail ist das erste, was Sie Ihren Auszubildenden direkt nach Vertragsunterzeichnung zukommen lassen sollten. Darauf können Sie bereits im Gespräch hinweisen.
Ob Standorte, Ansprechpartner, Anfahrtsplan, Parkmöglichkeiten oder Dresscode: Fassen Sie in dieser Mail alle essenziellen Informationen zusammen. Es gibt bereits einen Ablaufplan für den ersten Arbeitstag? Hängen Sie diesen gleich mit an.
So ist Auszubildenden von vornherein klar, was sie erwartet. Das nimmt erste Aufregung und Unsicherheit. Gibt es organisierte After-Work-Angebote wie zum Beispiel Sport? Auch darauf kann hingewiesen werden – bieten Sie direkt eine Anmeldung an.
2. Geben Sie Einblick in Unternehmenskultur, Leitlinien und berufliche Themen
Ermöglichen Sie es angehenden Azubis, Ihr Unternehmen und Ihre Branche kennenzulernen.
In der Zeit vor dem Ausbildungsstart haben angehende Auszubildende die Gelegenheit, sich intensiv mit dem Unternehmen zu beschäftigen. Unterstützen Sie sie dabei und machen Sie Ihnen Informationen einfach zugänglich.
Ob Mitarbeiter- oder Azubi-Newsletter, Firmenmagazin, Intranet-Zugang oder aktuelle Pressemitteilungen: Bieten Sie die Möglichkeit, sich über aktuelle Themen und Vorgänge im Unternehmen zu informieren.
3. Laden Sie Auszubildende zu Events ein
Laden Sie schon Ausbildungsbeginn zu Veranstaltungen mit den zukünftigen Kolleg:innen ein. So ist am ersten Arbeitstag nicht alles fremd. Das nimmt die Unsicherheit und stärkt die Bindung!
Auch wenn die Veranstaltungen noch vor dem eigentlichen Arbeitsantritt liegen: Team-Events, Stammtische, Workshops oder Weiterbildungen – die Teilnahme fördert die Vernetzung innerhalb des Unternehmens und des Teams und bietet die Möglichkeit, sich vorher kennenzulernen. So ist am ersten richtigen Arbeitstag nicht alles fremd.
Vielleicht lernt man sogar schon Neues dazu und kann sich gleich Wissen für den Einstieg aneignen.
Übrigens: Auch ein spezieller „Tag der Auszubildenden“ ist denkbar. So lernen sie Unternehmen, Kollegen, Ausbilder und andere Auszubildende kennen und können Fragen stellen, die in der Zwischenzeit aufgekommen sind. Auch die Eltern könnte man dabei miteinbeziehen, denn sie beeinflussen häufig die Zukunftsentscheidung des Nachwuchses.
4. Vernetzen Sie sich auf Social Media
Social Media gehört nicht nur bei jungen Talenten zum „täglich Brot“. Weisen Sie gerne auf Ihre Kanäle hin – aber seien Sie zurückhaltend.
Ihre Auszubildenden von morgen sind in vielen sozialen Netzwerken unterwegs. Instagram und TikTok stehen dabei hoch im Kurs. Sofern Sie dort Unternehmenskanäle betreiben, weisen Sie darauf hin, doch seien sie etwas zurückhaltend: Nicht jeder möchte in seinem privaten Social-Media-Umfeld von seinem Arbeitgeber angesprochen werden.
Anders sieht es mit XING oder LinkedIn aus. Damit haben Schüler:innen noch selten Kontakt. Weisen Sie also auf die Netzwerke mit Arbeits- und Karrierebezug hin. Warum machen Sie nicht gleich auch auf Gruppen aufmerksam, in denen Auszubildende Informationen rund um Ihre Branche und den Ausbildungsberuf finden?
5. Unterstützen Sie bei der Wohnungssuche
Wenn Ausbildungen mit einem Wohnortwechsel verbunden sind, wird die Zeit der Umbrüche noch herausfordernder für junge Menschen. Hier können Sie unterstützen.
Der Start in eine Ausbildung ist manchmal auch mit einem Umzug verbunden. Und genau das ist nicht immer leicht, besonders dann nicht, wenn man in ein Ballungsgebiet ziehen muss. Zusätzlicher Stress und Unsicherheit kommen dann hinzu.
Bieten Sie, sofern ein Umzug für Auszubildende notwendig ist, Unterstützung an: Stellen Sie Kontakt mit Vermietern oder Wohngenossenschaften her. Manchmal hilft auch eine Nachfrage unter den Kollegen weiter, und es lässt sich schnell vermitteln.
Vielleicht gibt es bei Ihnen sogar spezielle Azubi-Unterkünfte? Dann sollte diese Information bei Punkt 1 nicht fehlen: in der Willkommens-Mail!
6. Achten Sie auf ein funktionierendes Krisenmanagement
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass es auch kurzfristig zu erheblichen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und im eigenen Unternehmen kommen kann. Natürlich auch nach der Unterzeichnung des Ausbildungsvertrags. Halten Sie zukünftige Auszubildende informiert!
Nicht immer müssen es Krisen sein, die dazu, dass sich im Unternehmen etwas ändert.
Wichtig ist nur: Informieren sie angehende Auszubildende umgehend darüber. Stellen Sie klar, inwiefern die Änderungen sie betreffen und zeigen Sie auf, welche Bedeutung das für ihre Ausbildung und ihre Zukunft hat.
Hier zahlt sich Ehrlichkeit aus. Werden solche Informationen aus anderer Quelle an den Nachwuchs herangetragen, kann das zu enormer Verunsicherung führen.
7. Schenken Sie Freude – mit einem Starter-Kit
Ein Geschenk ist immer auch ein Zeichen von Wertschätzung. Ein Willkommenspaket sorgt daher nicht nur für Freude, sondern kann mit den entsprechenden Inhalten die Bindung zum Unternehmen und die Lust auf die Ausbildung steigern.
Goodies wie Tassen, T-Shirts oder Hoodies, Handyhüllen oder Nervennahrung für die letzten Schulprüfungen oder den ersten Tag im Unternehmen sind immer beliebt. Übrigens: Besonders persönlich und wertschätzend wird es mit einer handgeschriebenen Karte, die ausdrückt, dass man sich auf die baldige Zusammenarbeit freut.
Ob Preboarding oder Onboarding: Spätestens seit der Corona-Krise wissen wir, dass sich viele dieser Maßnahmen auch online umsetzen lassen. Doch eines ist wichtig, wenn sie auf digitale Prozesse zurückgreifen: Rüsten Sie Ihre zukünftigen Mitarbeiter:innen mit den entsprechenden Geräten aus. Ob Laptop, Webcam oder Headset – erst wenn die Technik steht, kann der Einstieg in die Ausbildung beginnen.
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