Azubi-Recruiting

Mangelnde Berufsorientierung: ungenutztes Recruiting-Potenzial und Risiko für Unternehmen

Sind Ausbildungen immer unbeliebter – oder Vorteile, Inhalte und Möglichkeiten immer unbekannter?


Sind Ausbildungen immer unbeliebter ­– oder Vorteile, Inhalte und Möglichkeiten immer unbekannter?

Die Inhalte im Überblick

 

Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen hat 2023 ihren Höchststand erreicht. Nach Angaben des BIBB konnten 13,4 % aller Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. Vor allem mittelständische Unternehmen haben immer größere Probleme, passende Bewerber:innen zu finden. Seit Jahren stellt sich daher die Frage nach dem Warum.

Eine gängige These: Die duale Ausbildung sei in Zeiten fortschreitender Akademisierung der Arbeitswelt nicht mehr attraktiv genug für Berufseinsteiger. Doch ist das wirklich so? Oder anders gefragt: Können junge Talente ihre persönliche Passung sowie die Chancen und Möglichkeiten von Ausbildungen im Allgemeinen und Ausbildungsberufen im Besonderen überhaupt angemessen einschätzen? Angemessen in der Form, dass junge Talente umfänglich über Vorteile und Herausforderungen der verschiedenen Optionen für ihren Berufseinstieg Bescheid wissen. Unser aktuelle Studie, der azubi.report 2024, liefert eine eindeutige Antwort:

Nein, aber sie würden es gern.

Kostenlose Studie

Junge Talente besser verstehen, erreichen und begeistern! 

Die Inhalte dieses Blogs sind Teil des azubi.report 2024. Sichern Sie sich Ihr kostenloses Exemplar mit allen Daten, Erkenntnissen und Empfehlungen.

 

Fachkräfte von morgen: Beruf und Karriere sind schon früh Thema

Für Auszubildende spielen Beruf und Karriere bereits früh eine Rolle: 38 Prozent der befragten Azubis kennen ihre Ausbildungsberufe schon seit Jahren, jede:r Vierte sogar seit der Kindheit. 34 Prozent haben mit der Suche nach einem Ausbildungsplatz 12 bis 6 Monate vor Ausbildungsstart begonnen– mehr als jede:r dritte Auszubildende startet die Suche mehr als ein Jahr im Voraus (33 Prozent).

Die frühzeitige Auseinandersetzung mit dem eigenen Berufseinstieg steht dem Bild einer unbedarften Generation, die weder langfristig noch an die berufliche Zukunft denke, entgegen. Ein weiteres Klischee: Die Gen Z habe unrealistische Ansprüche und die duale Ausbildung sei per se unattraktiv.

Schülerin blickt in die Kamera
Richten ihren Blick bereits früh auf berufliche Themen: Schüler:innen kommen in der Regel mehrere Jahre vor Berufseinstieg mit ihrem späteren Ausbildungsberuf in Berührung

Darum entscheiden sich junge Talente heute für eine Ausbildung

Den Wunsch nach Sicherheit und einer guten Zukunft hegen die meisten Menschen – die jüngeren machen da keine Ausnahme. Das zeigen Jugendstudien seit Jahren, auch der azubi.report 2024 bestätigt dies. Und er zeigt, dass eine duale Ausbildung von Auszubildenden als diejenige Karriereoption wahrgenommen wird, die genau das bietet: Sicherheit in Form guter Zukunftschancen und Perspektiven. Zusammen mit der persönlichen Vorliebe für praktisches Arbeiten sind das die Hauptgründe für ein Ja zur Ausbildung in einem Unternehmen.

Das sind die wichtigsten Entscheidungskriterien für eine Ausbildung (azubi.report 2024):

  • gute Zukunftschancen (für 46 Prozent der befragten Azubis)
  • der Wunsch, praktisch zu arbeiten (für 35 Prozent der befragten Azubis)
  • praktischer Berufseinstieg, der Optionen offenlässt (für 24 Prozent der befragten Azubis)
  • weil es „das Richtige“ ist (für 24 Prozent der befragten Azubis)


Perspektiven und Passung wesentlich für Entscheidungen

Die wichtigsten Entscheidungskriterien für junge Talente lassen sich unter den Begriffen Perspektiven und Passung summieren. Entscheidungskriterien, die als sehr rational und bodenständig bewertet werden müssen und gängige Vorurteile einmal mehr Lügen strafen. 

Welcher Beruf gefällt mir? Welche Perspektiven bietet er mir – auch über die Ausbildung und das Unternehmen hinaus? Welche Anforderungen stellt dieser Beruf? Bin ich für diesen Beruf geeignet? Bei Karrierefragen wünschen sich junge Talente Antworten, die realistische und (je nach Orientierungslevel der Ausbildungsinteressierten) umfassende Einblicke geben. 

Entsprechend gut aufgestellt sind die Unternehmen, die ihre Angebote an beruflicher Orientierung mit diesen Fragen abgleichen und prüfen, ob bestehende Inhalte geeignet sind, jungen Menschen wichtige Lebensentscheidungen zu ermöglichen. Neben den Inhalten spielen hier auch die Kanäle und Formate eine entscheidende Rolle.

Der wichtigste erste Schritt für gutes gutes Azubi-Recruiting: Orientierungsangebote, die junge Talente wirklich erreichen und für eine Ausbildung, einen Ausbildungsberuf und das eigene Unternehmen gewinnen.

In Zeiten mangelnder Fach- und Nachwuchskräfte führt das Erfüllen von Mindestanforderungen aufseiten der Unternehmen nicht (mehr) zum Ziel. Denn die Realität zeigt: Jungen Talenten fällt es oft schwer, an die für sie so wichtigen Informationen zu gelangen.

Orientierung: Berufswahl bereitet Kopfzerbrechen

Besonders die Wahl des richtigen Berufs stellt die junge Zielgruppe vor Herausforderungen. Auch die Frage, welche Zukunft und welche Perspektiven dieser oder jener Beruf bietet, ist für Ausbildungsinteressierte oft nur schwer zu beantworten. Die eigenen Talente und Wünsche befriedigend ein- und einem Berufsfeld zuzuordnen, fällt ebenfalls schwer.

Kaum Orientierung im Hinblick auf Perspektiven und Passung

Es klingt paradox, doch während berufliche Perspektiven und persönliche Passung die wichtigsten Entscheidungsgrundlagen für Ausbildungssuchende darstellen, fühlen diese sich zu genau diesen Themenfeldern nicht ausreichend informiert. Auf einem Ausbildungsmarkt, der sich längst zugunsten der Ausbildungssuchenden gewandelt hat, und in einer Zeit, in der Menschen erwarten, dass Informationen allgegenwärtig und jederzeit abrufbar sind, muss diese Erkenntnis zu denken geben.

Ausbildung, Beruf und Unternehmen: Bedarf an ganzheitlicher Orientierung

Die Planung und Betrachtung des eigenen Karrierewegs ist eine vielschichtige Aufgabe. Für Berufseinsteiger gilt das in besonderem Maße. Sie stehen das erste Mal vor derlei großen Zukunftsentscheidungen – und vielleicht ist es wichtig, an dieser Stelle zu betonen, dass es sich tatsächlich um mehrere Entscheidungen handelt.

Der azubi.report 2024 zeigt, dass Auszubildende in der Bewertung ihrer Zufriedenheit durchaus differenzieren:

  • zwischen der Ausbildung als Lernmodell an sich,
  • dem erlernten Beruf und
  • dem eigenen Ausbildungsbetrieb.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Orientierung muss auf allen drei Feldern erfolgen. Das beste Employer Branding nutzt wenig, wenn potenzielle Bewerber:innen die Perspektiven und Möglichkeiten eines Berufs nicht einschätzen können – oder lieber studieren möchten, weil sich die duale Ausbildung im Orientierungsprozess nicht ausreichend profilieren konnte.

Im Idealfall passt es für den zukünftigen Azubi auf allen drei Feldern. Im worst case funktioniert es auf einem der Felder gar nicht – ein Risiko für Unternehmen.

Mangelnde Orientierung als Risiko für Unternehmen

Für Ausbildungsbetriebe ist die Situation am Ausbildungsmarkt herausfordern. Nicht nur die bisher höchste Zahl an unbesetzten Ausbildungsstellen bereitet Kopfzerbrechen. Hinzu kommt, dass 29,5 Prozent aller Ausbildungsverträge gelöst werden – der Großteil davon im ersten Lehrjahr – und jede vierte Nachwuchskraft das Unternehmen nach Ende der Ausbildung verlässt.

🡪Was Unternehmen tun können, um die Zufriedenheit ihrer Azubis zu verbessern – und ausgebildete Kräfte erfolgreicher zu binden: Der azubi.report 2024 liefert Antworten.

Für diese Zahlen gibt es viele Gründe. Einer davon: mangelnde Orientierung. Denn diese wird für Betriebe schnell zum Boomerang: Falsche Vorstellungen aufseiten der Bewerber:innen führen zu falschen Entscheidungen – und so früher oder später zu Frustration. 

Darum sind Auszubildende unzufrieden mit ihrem Beruf (azubi.report 2024):

  • Der Beruf ist zu anstrengend (für 22 Prozent der befragten Azubis)
  • Der Beruf hat gefühlt keine Zukunft (für 22 Prozent der befragten Azubis)
  • Die Anforderungen waren bei Ausbildungsstart unklar (für 19 Prozent der befragten Azubis)
  • Es gibt keine Antwort auf das Warum (für 16 Prozent der befragten Azubis)
  • Es gibt keinen Plan für die Zeit nach der Ausbildung (für 16 Prozent der befragten Azubis)



Auch hier stehen die persönliche Passung und die berufliche Perspektive im Fokus. Es verwundert, dass die genannten Punkte nicht spätestens nach Abschluss der Bewerbungs- und Recruiting-Prozesse geklärt sind. Vielmehr müssten Ausbildungsbetriebe großes Interesse daran haben, dass Schüler:innen hier möglichst früh Gewissheit erlangen.

Junge Talente, die sich bewusst für a) die Ausbildung in b) einem Beruf in c) diesem oder jenem Unternehmen entscheiden, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit ein nachhaltigeres Investment als Bewerber:innen, die bei Vertragsunterschrift nicht wissen, was sie erwartet – oder die auch im ersten Ausbildungsjahr noch nicht wissen, wo der Weg sie hinführt

Warum Unternehmen bei der Berufsorientierung aktiv werden müssen

Berufliche Orientierung gilt traditionell als Tätigkeitsfeld der Schulen und anderer Bildungseinrichtungen. Doch der azubi.report 2024 zeigt, dass Orientierungsangebote an Schulen für Auszubildende von untergeordneter Bedeutung sind.

Traditionelle Akteure der Berufsorientierung verlieren an Bedeutung 

Zwar gibt jede:r vierte Auszubildende an, in der Schule bzw. bei seinen Lehrer:innen Unterstützung bei der Ausbildungssuche erhalten zu haben. Gleichzeitig sind lediglich 5 Prozent der befragten Ausbildungssuchenden über schulische Orientierungsangebote auf ihren Ausbildungsberuf aufmerksam geworden.

Dass individuelle Berufsberatung bei immer größer werdenden Klassen zur Herausforderung wird, steht außer Frage. Natürlich kann eine erste Übersicht über den Ausbildungsmarkt und verschiedene Ausbildungsberufe grobe Orientierung geben – doch selten werden auf diese Weise Pläne konkretisiert. Berücksichtigen muss man zudem, dass Lehrkräfte in der Regel selbst Akademiker sind, denen der Erfahrungsschatz in Sachen duale Berufsausbildung gänzlich fehlt. Zusätzlich herausfordernd also, sich das Wissen anzueignen, um adäquat über die Vielzahl an Ausbildungsberufen informieren zu können.

So kann Schüler:innen, die bereits wissen, wie sie ihren Berufseinstieg gestalten möchten, sicherlich im schulischen Umfeld geholfen werden. Zum Beispiel mit Tipps zum Verfassen der Bewerbung. Doch einen wirklichen individuellen Zukunftsplan in Sachen Ausbildung schmieden, scheint unter den gegebenen Umständen kaum realisierbar. 

Das zeigt, wie wichtig es ist, Schulen mit diesem Thema nicht alleine zu lassen. Vielmehr ist es die Zusammenarbeit der einzelnen Institutionen, die gefragt ist, um berufliche Perspektiven für jeden zugänglich zu machen.

Die wichtigsten Taktgeber der beruflichen Orientierung

Über welche Akteure und Kanäle kommen junge Talente in Berührung mit den Themen Ausbildung und Beruf? Wer bzw. was prägt ihre Vorstellung von einem Beruf? Wer oder was ermöglicht jungen Talenten die berufliche Orientierung? Auch hier gibt der azubi.report 2024 Aufschluss. Die Antwort in aller Kürze: Freunde/Familie, Praktika und das Internet. 

In welchem Umfang Eltern, Internet und Praxis die Berufswahl prägen und wie Unternehmen dies für sich nutzen können: Der azubi.report 2024 liefert Antworten. 

Digitale Inhalte mit Monopolstellung – Unternehmensseiten wichtig

Bei der Selbstrecherche im Internet sind vor allem Beschreibungstexte relevant. 35 Prozent der befragten Azubis gaben an, dass diese ihre Vorstellung vom Wunschberuf stark bzw. sehr stark geprägt hätten. Wenn es darum geht, sich über Arbeitgeber und Ausbildung zu informieren, haben digitale Inhalte das Monopol. Stellenbörsen und soziale Netzwerke spielen für 29 bzw. 30 Prozent der Azubis eine Rolle. Google, das jede:r Zweite als Kanal angab, muss vor allem auch in seiner Rolle als Vermittler gesehen werden, der auf relevante Inhalte weiterleitet. 

Vor diesem Hintergrund sind es zum einen vor allem die Webseiten von Unternehmen. Diese nutzen 40 Prozent der Befragten als Informationsquelle. Neben dem digitalen Karrierebereich auf der Unternehmenswebsite erreichen Unternehmen ihre potenziellen Bewerber:innen vor allem über Ausbildungsplattformen wie Azubiyo oder Ausbildung.de.

Wie Sie auf Ausbildungsplattformen zielgruppengerecht und reichweitenstark über Ihre Berufe informieren: Entdecken Sie die Produkte und Services von Ausbildung.de!

Fazit: Berufsorientierung beginnt früh – Unternehmen sind gefordert

Beruf und Karriere sind bei jungen Talente früh ein Thema. Vor allem geht es ihnen um Fragen zu beruflichen Perspektiven und persönlicher Passung: Hier müssen Unternehmen Antworten liefern, um Schüler:innen zu gewinnen.

Der Berufseinstieg erfordert vielschichtige Entscheidungen. Unternehmen sind gut beraten, die eigenen Angebote ganzheitlich zu denken. Denn junge Talente entscheiden sich nicht nur einmal – sie müssen dreimal Ja sagen: zu einer Ausbildung, zum jeweiligen Ausbildungsberuf und zu einem Unternehmen.

Berufsorientierung sollte junge Talente dazu befähigen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wer mit falschen Erwartungen und mangelnden Informationen in die Ausbildung startet, läuft große Gefahr, diese frustriert abzubrechen. Unternehmen, die umfassende und zielgruppengerechte Orientierung bieten, steigern ihre Chancen, Auszubildende erfolgreich zu Nachwuchs- und Fachkräften zu entwickeln. 

Maßgeblich für die berufliche Orientierung ist der Dreiklang aus Eltern, Praxis und Internet. Digitale Inhalte sind für die Gen Z entgegen der Klischees nicht alles, aber unabdingbar. Besonders die Karrierebereiche auf den Websites der Unternehmen und, an erster Stelle, Ausbildungsportale wie Ausbildung.de sind relevante Anlaufpunkte für Ausbildungsinteressierte.

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